Shakuyaku-Kanzō-Tō bei ALS

Deutsche Kurzfassung des Papers


Abstract in einfacher Sprache

Muskelkrämpfe und Faszikulationen bei ALS – was hilft wirklich?

Menschen mit ALS leiden oft unter schmerzhaften Muskelkrämpfen und Zuckungen.
Die üblichen Medikamente (wie Baclofen) helfen manchmal – aber sie machen müde und schwächen die Muskeln zusätzlich.

In Japan, Korea, Taiwan und China wird seit Jahrhunderten eine Kräuterformel verwendet:
Shakuyaku-Kanzō-Tō (japanisch) oder Shaoyao-Gancao-Tang (chinesisch).

Sie besteht aus nur zwei Pflanzen:

  • Pfingstrosenwurzel (Paeoniae Radix Alba)
  • Süßholzwurzel (Glycyrrhizae Radix)

Diese Formel wirkt schnell, ist gut verträglich und schont die Muskelkraft.
In Ostasien ist sie wissenschaftlich untersucht und in die evidenzbasierte Medizin integriert.

Im Westen ist sie praktisch unbekannt.

Dieses Paper bringt das Wissen nach Europa.


1. Das Problem: Krämpfe bei ALS

Muskelkrämpfe und Faszikulationen gehören zu den häufigsten Symptomen bei ALS.

Sie sind:

  • Schmerzhaft
  • Schlafstörend
  • Lebensqualität-mindernd
  • Oft schwer behandelbar

Konventionelle Behandlung

Baclofen (und ähnliche Muskelrelaxantien):

  • Wirkt zentral (im Gehirn/Rückenmark)
  • Häufige Nebenwirkungen: Sedierung, Schwäche, Schwindel
  • Problem bei ALS: Die ohnehin geschwächte Muskulatur wird weiter gehemmt

Dilemma:

Die Behandlung der Krämpfe kann die Grunderkrankung verschlechtern.


2. Die ostasiatische Alternative

Shakuyaku-Kanzō-Tō (芍薬甘草湯)

Japanisch: Shakuyaku-Kanzō-Tō (TJ-68)
Chinesisch: Shaoyao-Gancao-Tang (芍药甘草汤)

Zusammensetzung:

BestandteilLateinischDeutsch
Shakuyaku / ShaoyaoPaeoniae Radix AlbaWeiße Pfingstrosenwurzel
Kanzō / GancaoGlycyrrhizae RadixSüßholzwurzel

Verhältnis: 1:1

Wirkung:

  • Schneller Wirkeintritt (oft innerhalb von Minuten)
  • Periphere Wirkung (nicht zentral sedierend)
  • Muskelentspannung ohne Kraftverlust
  • Gute Verträglichkeit

3. Wissenschaftliche Evidenz

In Ostasien ist Shakuyaku-Kanzō-Tō keine Alternativmedizin.
Es ist Teil der evidenzbasierten Praxis.

Studien und Reviews:

  • Randomisierte kontrollierte Studien (RCTs)
  • Pharmakologische Untersuchungen
  • Systematische Reviews
  • Integration in klinische Leitlinien (Japan, Korea, Taiwan)

Wirkmechanismus:

Paeoniflorin (aus Pfingstrose):

  • Hemmt Acetylcholin-induzierte Muskelkontraktion
  • Moduliert Kalzium-Kanäle
  • Antispastische Wirkung ohne zentrale Sedierung

Glycyrrhizin (aus Süßholz):

  • Verstärkt die Wirkung von Paeoniflorin
  • Entzündungshemmend
  • Synergistische Kombination

4. Vorteile gegenüber Baclofen

AspektBaclofenShakuyaku-Kanzō-Tō
WirkortZentral (ZNS)Peripher (Muskulatur)
SedierungHäufigSelten
MuskelschwächeJa (dosisabhängig)Nein
WirkeintrittStundenMinuten
Bei ALS geeignetProblematischGünstig

Für ALS-Patienten besonders relevant:

Die Formel entspannt Krämpfe, ohne die verbleibende Muskelkraft zu reduzieren.


5. Sicherheitsprofil

Bekannte Risiken:

Pseudoaldosteronismus (bei hohen Dosen oder Langzeitanwendung):

  • Kaliumverlust
  • Blutdruckanstieg
  • Ödeme

Maßnahmen:

  • Kaliumspiegel überwachen
  • Dosierung anpassen
  • Nicht bei Hypokaliämie oder Hypertonie

Im Vergleich:

Das Sicherheitsprofil ist günstiger als bei Hochdosis-Baclofen – wenn die Anwendung überwacht wird.


6. Warum im Westen unbekannt?

Gründe:

  • Sprachbarriere (Forschung auf Japanisch, Chinesisch, Koreanisch)
  • Keine Patentierbarkeit (Naturprodukt)
  • Kein Pharma-Marketing
  • Kulturelle Vorurteile gegenüber „traditioneller Medizin“
  • Fehlende Integration in westliche Leitlinien

Das Problem:

Patienten haben keinen Zugang zu einer wirksamen, gut untersuchten Therapie – nicht weil sie nicht funktioniert, sondern weil sie nicht bekannt ist.


7. Praktische Anwendung

Verfügbarkeit:

  • Japan: Standardpräparat (TJ-68, Tsumura)
  • China/Taiwan/Korea: Apotheken, TCM-Praxen
  • Europa: Über spezialisierte Apotheken oder Import

Dosierung (Richtwert):

  • 2,5 g Granulat, 2-3x täglich
  • Oder als Dekokt (traditionelle Zubereitung)
  • Anpassung je nach Ansprechen und Verträglichkeit

Monitoring:

  • Kaliumspiegel (initial, dann regelmäßig)
  • Blutdruck
  • Klinisches Ansprechen

Wichtig: Anwendung in Absprache mit behandelndem Arzt.


8. Integration in westliche ALS-Versorgung

Das Paper plädiert für:

  1. Awareness – Neurologen sollten diese Option kennen
  2. Forschung – Westliche Studien zur Validierung
  3. Zugang – Erleichterter Import für Patienten
  4. Leitlinien – Integration als Baclofen-sparende Strategie

Ziel:

Nicht Ersatz der westlichen Medizin – sondern Erweiterung des Spektrums um eine evidenzbasierte Option aus Ostasien.


9. Warum das zu SenGeKu gehört

SenGeKu verbindet Weisheitstraditionen mit moderner Wissenschaft.

Shakuyaku-Kanzō-Tō ist ein Beispiel dafür:

  • Jahrtausendealte Erfahrung (klassische Formel)
  • Moderne Validierung (RCTs, Pharmakologie)
  • Praktischer Nutzen (lindert Leiden, schont Ressourcen)
  • Übersehenes Wissen (im Westen unsichtbar)

Das Paper ist eine Brücke – zwischen Ost und West, zwischen Tradition und Evidenz, zwischen Forschung und Praxis.


Schlussfolgerung

Shakuyaku-Kanzō-Tō / Shaoyao-Gancao-Tang ist eine schnell wirkende, gut verträgliche Behandlung für Muskelkrämpfe und Faszikulationen bei ALS.

In Ostasien ist sie wissenschaftlich validiert und klinisch etabliert.
Im Westen ist sie praktisch unbekannt.

Dieses Paper bringt das Wissen über die Sprachgrenze – für Ärzte, Patienten und Angehörige, die nach Optionen suchen.


Originalpaper

Eweleit, S. (2025). Shakuyaku-Kanzō-Tō/Shaoyao-Gancao-Tang for Muscle Cramps and Fasciculations in Amyotrophic Lateral Sclerosis: Bridging East Asian Evidence-Based Medicine to Western Practice (initial release). Zenodo.
https://doi.org/10.5281/zenodo.17272724


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